Sibirische Drosseln, zwitschernde Schrecken und eine Wieselfamilie: Auch im Jahr 2023 haben die ArtenFinder*innen wieder jede Menge besondere Beobachtungen gemacht. Hier finden Sie eine Auswahl der Highlights aus fast 8.000 Meldungen. Vielen Dank an alle ArtenFinder*innen, die mit ihrem Engagement den Berliner Artenschutz unterstützen!
Erstnachweis für Berlin
Am 7. Februar beobachtete Viola Pitowski im Landschaftspark Rudow-Altglienicke einen ihr unbekannten Vogel. Bevor das Tier davonflog, gelangen ihr noch schnell ein paar Fotos. Später konnten andere Ornithologen ihr dann bestätigen: Es war eine Rostflügeldrossel! Eigentlich brütet die Art in Sibirien und überwintert in Südasien. Laut der Berliner Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft (BOA) gibt es in Deutschland bislang erst weniger als 10 gesicherte Nachweise – seit diesem Jahr nun auch in Berlin.
Bedrohte Dohle
Die Dohle ist in Berlin vom Aussterben bedroht. Die Gründe: fehlende Brutmöglichkeiten und ein abnehmendes Nahrungsangebot. Heute brüten Berliner Dohlen nur noch beim Tegeler Flughafen und am Köpenicker Rathaus. Jacek Kocel hat diese Dohle Anfang April im Landschaftspark Rudow-Altglienicke beim Sammeln von Nistmaterial beobachtet. Wir drücken den Berliner Dohlen auch in 2024 wieder die Daumen und hoffen auf Nachwuchs.
Schlangenknäuel
Auf einer Lichtung im Spandauer Forst hat Roman Stresow Ende April einen ganzen Haufen von Ringelnattern entdeckt. Sieben Männchen warben dort um die Gunst eines Weibchens, kein ungewöhnliches Mengenverhältnis. Mit diesem Schnappschuss hat der Reptilienfreund auch bei unserem Gewinnspiel zum Entdeckerkalender teilgenommen und gewonnen.
Eine Steppenbewohner im Stadtwald
Der Grunewald ist ein Hotspot für seltene Arten in Berlin. Dazu gehört auch der Sand-Steppenrüssler (Coniocleonus hollbergii), den Astrid Kinateder in der Heidelandschaft des Dahlemer Felds im Grunewald gefunden hat. Die Art benötigt große, zusammenhängende Offenlandflächen, die in Berlin aber durch Bebauung, Aufforstung und Neophyten immer weiter verschwinden. Der Rüsselkäfer ist in der Hauptstadt deshalb vom Aussterben bedroht.
50.000ste Meldung in Berlin
Michael Klotzbücher beobachtete diesen Nachtfalter in seinem Naturgarten, konnte ihn aber zunächst nicht bestimmen. Kein Wunder, denn es gibt etwa 2.500 Arten von Schmetterlingen in und um Berlin. Nach der Rücksprache mit insgesamt drei Experten, entpuppte sich der Falter aber nicht nur als 50.000ste Meldung in Berlin. Es handelte sich um Celypha siderana, ein Wickler, der zuletzt im Jahr 2000 im Süden Berlins nachgewiesen wurde. Auch aus Brandenburg gibt es nur zwei Nachweise aus den letzten 10 Jahren.
Nächster Schritt: Raupen finden
Der Große Feuerfalter ist der einzige nach FFH-Richtlinie geschützte Schmetterling in Berlin und kommt nur selten in der Hauptstadt vor. Jeder Fund hat daher eine besondere Bedeutung. Ende August hat die Stadtnatur-Rangerin Astrid Kinateder ein Weibchen in Ruhleben beobachtet und damit vielleicht ein neues Vorkommen entdeckt. Um eine Fortpflanzung in diesem Gebiet nachzuweisen, soll im nächsten Jahr nach Eiern und Raupen gesucht werden. Wir sind gespannt!
Wiederfund am Tegeler Fließ
Der Mädesüß-Perlmutterfalter lebt auf Feuchtwiesen und feuchten Waldrändern. In Berlin wurde der Falter zuletzt vor 12 Jahren am Tegeler Fließ beobachtet. Die Art gilt deshalb bei uns als vom Aussterben bedroht. Nun hat Norbert Kenntner den Edelfalter wieder im Tegeler Fließ gefunden. Geht doch im nächsten Jahr auch dort auf die Suche.
Extrem selten und streng geschützt
Die Zierliche Moosjungfer ist nach FFH-Richtlinie streng geschützt und „extrem selten“ in Berlin. Sie benötigt klare, nährstoffarme Gewässer mit üppiger Unterwasser- und Schwimmblattvegetation. Romain Clément hat diese Ausnahmebeobachtung an den Gräben des Spandauer Forsts gemacht. Weitere Orte für eine Suche im nächsten Jahr sind der Flughafensee bei der Jungfernheide und die Krumme Laake in Köpenick.
Erst gehört, dann gesehen
Als Yannick Brenz das Gebiet der Karower Teiche betrat, hörte er bereits von weitem den Gesang der Zwitscherschrecke – ähnlich dem des Heupferds aber mit kürzeren Strophen. Auf einer Lichtung fand er dann mehrere singende Männchen. Die Zwitscherschrecke kommt in Berlin sonst nur noch in oder nahe der Wuhlheide vor und ist durch Verbuschung und Kronenschluss bedroht – die Art gilt in Berlin deshalb als vom Aussterben bedroht.
Familienausflug zum See
Mauswiesel wurden in den letzten Jahren nur vereinzelt am Berliner Stadtrand beobachtet. Laut der Berliner Roten Liste (2003) wird von einer Gefährdung ausgegangen, das Ausmaß ist aber unbekannt. Am Malchower See ist Jacek Kocel gleich drei Mauswieseln über den Weg gelaufen: Die Tiere versuchten den Weg zu überqueren, zwei davon waren vermutlich Jungtiere.
Marderhundnachwuchs in Berlin
Der Marderhund ist wohl in den 90ern in Berlin eingewandert und hat sich seitdem hier etabliert. In Malchow hat Svenja Uslu im Juli ein Tier fotografiert, bei dem es sich höchstwahrscheinlich um ein Jungtier handelt. Damit wäre dies der erste Reproduktionsnachweis im ArtenFinder und der zentralen Artdatenbank Berlins.
Gefährte gefunden
„Kammmolche und Gefährten“, so hieß die Führung unserer Kolleginnen der Koordinierungsstelle Fauna am Langen Tag der Stadtnatur. Eine dieser gesuchten Gefährten ist die Rotbauchunke. Da diese sich in den Falkenberger Rieselfeldern aber nicht zeigte, versuchte die Gruppe es in der benachbarten Kleingartenanlage, wo früher im Jahr schon Rufe vernommen worden waren. Sie konnten tatsächlich ein Tier fangen, so dass die Exkursionsteilnehmer*innen es nicht nur hören, sondern auch aus der Nähe betrachten konnten. Die Rotbauchunke ist in Berlin vom Aussterben bedroht und kommt nur noch im Nordosten der Stadt vor.
Verirrt im Treppenhaus
Die Zweifarbige Beißschrecke besitzt normalerweise sehr kurze Flügel und kann nur schlecht fliegen. In der Nähe des Plänterwalds hat Antje Jakupi aber die seltenere Form mit langen Flügeln gefunden – das Tier hatte sich ins Treppenhaus verirrt. Man geht davon aus, dass die langflügelige und mobilere Form wichtig ist für die Ausbreitung der Art und den genetischen Austausch zwischen Populationen.
Potentielle Parasitenträger
Korbinian Pacher hat zusammen mit Kolleg*innen vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) sieben Guppies im Ententeich am U Bhf Rathaus Schöneberg gefangen, darunter auch dieses prächtige Männchen. Die ursprünglich aus der Karibik und Südamerika stammende Art ist ein beliebter Aquarienfisch, der Temperaturen unter 12°C eigentlich nicht übersteht und somit nicht in der Lage sein sollte, bei uns zu überwintern. Auch wenn Aquarienfische den Winter nicht überstehen, können sie im Sommer aber gebietsfremde Parasiten auf die heimischen Fischarten übertragen. Diese bleiben dann in den heimischen Fischpopulationen, selbst wenn die Überträger im Winter verschwinden. Wir möchten daher dringend davon abraten, ungewollte Aquarienfische in Berliner Gewässern auszusetzen.